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Heute wäre Jean Tinguely 100 Jahre alt geworden. Für mich war er mehr als ein Künstler – er war ein anarchischer Geist, ein Menschenmagnet, ein Freund. Einer, der nie stillstand, der sich mit Haut, Haaren und Humor in eine Idee stürzte. Der politische Poet unter den Künstlern. Der Pyromane mit Herz.

Er sprengte Konventionen – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn. Seine Kunst war immer lebendig, laut, humorvoll und zugleich tiefgründig – nie angepasst, nie belanglos. Wenn er einen Raum betrat, veränderte sich die Atmosphäre. Er war Feuer und Flamme – im Kopf und im Herzen.

Gemeinsam haben wir provoziert, uns eingemischt, Projekte verwirklicht, die heute fast wie Legenden klingen. Der «Kunstzug»: Tinguely war sofort begeistert. Inspiriert hatte mich das Bild der Propagandazüge der Bolschewiki, die einst die revolutionären Ideen bis in die entlegensten Winkel des russischen Reichs trugen. Unser Zug sollte die Botschaften der zeitgenössischen Kunst verbreiten. Und was Tinguely, Luginbühl, Whiting, Aeppli, Vautier u.a. mit ihren fahrenden Güterwagenwerken zum Ausdruck brachten, war alles andere als unpolitisch.

Der «Luminator», seine letzte grosse Skulptur – 24 Meter lang, 4 Tonnen schwer – eine tinguelysche Lichtmaschine, gebaut mit Leidenschaft, bespielt wie ein Universum. Kurz vor seinem Tod eröffneten wir gemeinsam in meiner Galerie an der Elisabethenstrasse in Basel seine letzte Ausstellung. «Was mir gefällt», der Titel war Programm: Tinguely stellte nicht eigene Werke aus, sondern zeigte, was ihn inspirierte, anregte und erfreute. Er lud ein zur Teilhabe an seinem Kosmos. Dazu gehörten das Formel-1-Weltmeisterauto von Niki Lauda ebenso wie das Vorbereitungsmodell der Güell-Kapelle von Antoni Gaudi.

Bis zuletzt war er wach, wachsam und unerschrocken. Ein Künstler, der das Volk kannte, mit ihm ans Schwinger-Fest ging – und am nächsten Tag eine Ausstellung mit Beuys besuchte. Ein Mann der Extreme. Und der Verbindung.

Lieber Jeannot – du fehlst. Aber deine Maschinen laufen weiter. Und mit ihnen dein Geist.

Vive Jeannot!

Fotos: Enrico Luisoni, Onorio Mansutti

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